Chinas Ambitionen in der Arktis und ihre Bedeutung für Kanada

Chinas Ambitionen in der Arktis und ihre Bedeutung für Kanada

Die kanadische Arktis umfasst etwa 40 % des kanadischen Staatsgebietes und ist die Heimat von mehr als 100.000 Menschen. 

Der hohe Norden ist heute eine Region zunehmender wirtschaftlicher Aktivitäten, da seine Ressourcen Begehrlichkeiten wecken und Schiffsrouten wie die Nordwestpassage befahrbar werden. Doch das Ökosystem der Arktis ist zunehmend gefährdet und sehr zerbrechlich.Die Kanadier sehen den Norden als grundlegenden Teil ihrer Zukunft und als eine Region mit außerordentlichem Potential. 

China unterteilt arktische Angelegenheiten in solche von regionaler Natur und andere von globaler Bedeutung. Während der letzten Dekade schenkten Politiker auf der ganzen Welt der Arktis zunehmend mehr Beachtung. Neu zugängliche Ressourcen und Transportwege weckten die Beachtung staatlicher und privater Unternehmungen, die von den Veränderungen gleichfalls profitieren wollten.

In Kanada sind nun Fragen von nördlicher Souveränität, Sicherheit und Entwicklung von zentraler politischer Bedeutung. 

Die kanadische Arktis hat heute die Aufmerksamkeit der Welt – von Baffin Island bis Peking. Das wachsende Interesse neuer Akteure in zirkumpolaren Angelegenheiten – speziell von China und anderen ostasiatischen Staaten – führt zu neuen Ungewissheiten und Bedrohungsszenarien. Kanadischen Berichterstattern erscheinen vor allem Chinas Absichten in Bezug auf die arktischen Gewässer Kanadas, Ressourcen, Fischereigründe und den Festlandsockelanspruch verdächtig. Je mehr China seinen Einfluss und seine Investitionen in der zirkumpolaren Arktis verstärkt, desto drängender werden die Fragen nach Chinas Absichten in dieser Region.

Verantwortlich für die kanadische Arktispolitik ist das «Department of Indian (Indigenous) Affairs and Northern Developments». Es verfolgt vier Hauptziele: Die Ausübung kanadischer Souveränität in der Arktis, die Förderung sozialer und ökonomischer Entwicklung in diesem Gebiet, Umweltschutz sowie Verbesserung und Dezentralisierung der Verwaltung im Norden.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im April 2010 und Spekulationen über eine mögliche Ölförderung vor der Westküste von Grönland haben in Kanada öffentliche Besorgnis ausgelöst über mögliche Konsequenzen einer Öl- und Gasförderung in der Arktis für die Umwelt. 

Die Sprecherin der Inuit, Mary Simon, erläutert: «Wir brauchen die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen, wenn wir die ökonomische Selbständigkeit von Nunavut erreichen wollen. Aber die Bedingungen für diese Entwicklung müssen den Schutz unserer Umwelt und die Fortdauer unseres Way of Life garantieren. Da kann es keine Kompromisse geben.» 

Die Kooperation mit ausländischen Gesellschaften, aus China oder auch aus anderen Staaten, müssen bundesstaatlich, provinziell und auch kommunal koordiniert werden. Ein kooperativer Rahmen, offen für ausländische Investitionen aus den beiden anderen zirkumpolaren Staaten (USA und Russland) sowie für aufstrebende Länder in Zentralasien und Osteuropa, wurden geschaffen. Kanada hat seine Arktis als offen für wirtschaftliche Unternehmungen erklärt und sucht nach ausländischen Investoren und Transporteuren, die Unterstützung bei der Entwicklung der Region leisten können. Historisch bedeutet das Abhängigkeit von amerikanischen und europäischen Gesellschaften. Doch staatliche chinesische Unternehmen sind inzwischen als kapitalkräftige und risikofreudige Betreiber aufgetaucht. Kanada muss seine Beziehungen zu neuen Akteuren in der Arktis managen, und China ist wohl der wichtigste von ihnen. 

Als eine ostasiatische Macht ohne arktische Küste oder Mitgliedschaft im «Arctic Council» erklärt China zwar, dass es keine strategische Agenda bezüglich der schmelzenden Arktis habe. Doch halten dies viele nur für die Taktik einer aufstrebenden Macht, um ihre wirklichen Absichten in der abgelegenen arktischen Region zu verbergen. Die kanadische Arktis hat, was China will: Natürliche Ressourcen und die Möglichkeit einer großen neuen Schiffsroute. China weiß, dass die kanadische Kontrolle über diese Ressourcen Kanada zu einem großen internationalen Player macht. Zu einem Land mit einem Reichtum an natürlichen Ressourcen und geostrategischen Vorteilen, passend zu seiner schieren geografischen Größe, aber unverhältnismäßig bezogen auf seine relativ geringe Bevölkerung. 

China bezeichnet sich heute selbst als einen «Staat nahe der Arktis» und nennt eine mögliche Schifffahrtsroute im hohen Norden «Polar-Seidenstraße» ergänzend zur geplanten «Neuen Seidenstraße» durch Eurasien von China nach Europa. Das Recht, arktische Schiffsrouten zu benutzen, ist für China wichtig. Auf ihnen können nicht nur Erdgas und andere Rohstoffe sowie natürliche Ressourcen aus der Arktis nach China transportiert werden, sie garantieren auch einen relativ schnellen Zugang zu den Märkten in Europa und mittelfristig auch in Nordamerika. Die Arktische Schifffahrt würde China auch unabhängiger von Seetransporten über die Malacca-Straße machen. 

Übersetzung aus: P. Whitney Lackenbauer, Adam Lajeunesse, James Manicom and Frédéric Lasserre – China’s Arctic Ambitions and What they Mean for Canada. University of Calgary Press, 2016.

Sanna Kopra – The Dragon Looks to the North: China’s Growing Role in the Arctic. 2019.

 Auf Büffelpfaden in den Northern Plains.

Die letzten Büffeljagden der Sioux.

Auf ihrer verzweifelten Flucht vor weißen Büffelhautjägern kam die letzte große nördliche Büffelherde – etwa 100.000 Tiere – im Herbst 1880 ins südöstliche Montana nahe Miles City am Zusammenfluss von Tongue und Yellowstone River. Die halbe Herde durchschwamm den Yellowstone River und floh weiter nach Norden – direkt vor die Gewehrläufe Hunderter weißer und indianischer Jäger. Innerhalb einiger Monate waren alle Bisons dieser Herde erlegt.

Ihr Instinkt führte die andere Hälfte der Herde – etwa 50.000 Büffel – weiter nach Osten ins Dakota-Territorium, wo sie zwischen den bewaldeten Felstürmen und Sandsteinklippen der Slim Buttes im Nordwesten der damaligen Great Sioux Reservation für einige Zeit Schutz fanden. 

Hier hatten am 9. und 10. September 1876 Soldaten der 3. Kavallerie, die zu den 2.000 Mann unter General Crook gehörten, die nach den Niederlagen am Rosebud und Little Bighorn die Verfolgung der feindlichen Indianer aufgenommen hatten, ein Dorf der Minneconjous, Brulé und Cheyenne unter Häuptling American Horse mit 260 Bewohnern angegriffen und niedergebrannt. Dabei hatten die Soldaten eine Menge Vorräte, 5.500 Pfund getrocknetes Fleisch und Früchte, Büffelroben, Waffen, Munition und einige hundert Pferde erbeutet. Außerdem Beutegut der Indianer aus der Schlacht am Little Bighorn. Das Gefecht von Slim Butte war der erste Sieg der US-Armee im Great Sioux War 1876. 

Die Große Jagd am Hiddenwood Creek.

Als Running Antelope, Long Soldier und andere Anführer auf eine Anhöhe ritten, um dort zu warten, bis die anderen Jäger nachgekommen waren, bot sich ihnen ein Anblick, von dem sie geglaubt hatten, dass sie ihn niemals wieder erleben würden:

Eine riesige Büffelherde graste friedlich im Tal unter ihnen auf beiden Seiten des Hiddenwood Creek und weiter weg über die Hügel verteilt bis in weite Ferne. Lohfarbige Kälber jagten sich gegenseitig und spielten miteinander. 

Eine Woge der Vorfreude überrollte die Jäger. Seit ihrer Jugend waren sie hier auf Büffeljagd gegangen nahe der schroffen Klippen, die sie Paha Can Nahma (Hiddenwood – «Verborgener Wald») nannten. Seit 15 Jahren hatte es hier keine Büffel mehr gegeben. Weiße Jäger hatten sie rücksichtslos immer weiter nach Westen vertrieben. Die meisten Herden waren für immer gegangen, vernichtet wegen ihrer wertvollen Häute. 

Dann war auf mysteriöse Weise plötzlich diese Herde von 50.000 Büffeln erschienen.

In Windeseile verbreitete sich die aufregende Neuigkeit, dass Pte, der Büffel, zurückgekehrt sei, um vor seiner vollständigen Ausrottung noch seine hungernden Brüder und Schwestern von den Dakota- und Lakota-Sioux mit bitternotwendiger Nahrung, Kleidung, und Behausung zu versorgen. Nun grasten sie hier friedlich, als wären sie niemals weggewesen. 

Eine gute Jagd schien gewiss – wenn alles gut ging. Die Aufregung war groß. Alte Männer sprachen Gebete, junge Männer kämpften darum, ihre Pferde unter Kontrolle zu halten. 

In der Zeit, in der Running Antelope und Long Soldier den Blick auf die riesige Büffelherde im Tal des Hiddenwood Creek genossen, war eine Jagdgesellschaft von mehr als 2.000 Männern, Frauen und Kindern bereits 100 Meilen über die Prärie von Fort Yates am Missouri weggezogen, von wo sie am 10. Juni 1882 aufgebrochen war. Die Kolonne bewegte sich langsam vorwärts. Viele waren zu Fuß unterwegs. Einige saßen in Wagen, die von Pferden gezogen wurden, oder auf Travois, gezogen von Pferden oder Hunden. 600 Krieger in bester Jagdkleidung ritten auf ihren mit traditioneller Bemalung geschmückten Pferden. 

James McLaughlin, der Indianeragent von Fort Yates, der mit seinem Sohn Harry und vier Männern der Indianerpolizei den Zug begleitete, gibt uns in seinem Buch, «My Friend the Indian», eine farbige Schilderung einer der letzten Büffeljagden der Sioux:

«Die Ebenen von Dakota hatten seit Jahren keine so prächtige Versammlung dieser Menschen mehr gesehen, wie die, die bei Sonnenaufgang von der Standing Rock Agentur aufbrach. Nach fünf Tagen erreichten sie den Cedar River 50 Meilen westlich der Fort Yates-Indianeragentur, wo sie ein ‚Ceremonial Camp‘ aufschlugen. Sie kampierten in einem großen Tipi-Kreis, der eine Öffnung nach Westen hatte.»

McLaughlin war erst seit Sept. 1881 Indianeragent in Fort Yates und wollte den 6.000 Dakota- und Lakota-Sioux, für die er verantwortlich war, seine Freundschaft und sein Vertrauen in sie demonstrieren. So hatte er den Jagdzug offiziell genehmigt und sogar dafür an die Krieger Munition ausgegeben, was normalerweise verboten war. Viele der Sioux in Standing Rock waren erst 1881 mit Sitting Bull aus dem kanadischen Exil in die Agentur am Missouri gekommen. 

«Nun waren hier 2.000 Indianer westlich des Zeltlagers versammelt. Sie saßen zusammen im Gras, entsprechend ihrem Rang. Sie bildeten dabei einen Halbmond, der nach Westen geöffnet war. An der Südspitze des Halbmondes saßen die wichtigen Männer, die für die Organisation der Jagd verantwortlich waren: Running Antelope, der Jagdführer und prominenter Redner. Daneben Long Soldier und Red Horse, der sich mit Running Antelope die Regie der Jagd teilte. 

Ein bemalter Felsen, etwa 25 cm hoch, stand als Altar vor Running Antelope. Er versammelte die acht jungen Männer, die als Scouts ausgewählt worden waren, um den Altar. Diese jungen Männer – ausgewählt wegen ihres guten Charakters, ihrer Redlichkeit und ihrer Fertigkeit bei der Jagd – hatten die Aufgabe, vorauszureiten, die Büffel zu finden und die beste Vorgehensweise festzulegen. Angeführt von Crazy Walking handelte es sich bei ihnen um die besten jungen Männer, die in der Sioux-Nation gefunden werden konnten.

Running Antelope instruierte die jungen Scouts eindringlich über die Bedeutung ihrer Mission, die Notwendigkeit, Vorsicht walten zu lassen und ihre Nachrichten akkurat zu überbringen. 

Die Menge lauschte atemlos schweigend, als die jungen Männer ihren Eid ablegten, die verantwortungsvolle Aufgabe nach besten Kräften zu erfüllen. 

Danach rauchten sie die Pfeife. Der Jagdführer nahm die heilige Pfeife und stopfte sie mit Tabak. Er bot die Pfeife der Erde an, dann dem Himmel, um den Segen des großen Geistes anzurufen. Dann reichte er die Pfeife weiter an Crazy Walking. Anschließend tat jeder der jungen Scouts einige Züge. 

Plötzlich erhoben sich alle Zuschauer jauchzend und gratulierten den Scouts. Nachdem die Feierlichkeiten vorbei waren, konnte das Jagdvergnügen beginnen.

Hunderte berittener Krieger eskortierten die Scouts einige Meilen weit – ein fröhlicher, schreiender, überschwänglicher Trupp von aufgeregten Jägern. Sie lachten, sangen und galoppierten auf ihren Pferden umher. 

Plötzlich ertönte ein Schrei, der von den Reitern erwidert wurde. Die Eskorte rief den Spähern zum Abschied zu und galoppierte zurück ins Lager.

Am nächsten Morgen zogen die Leute in geordneter Formation weiter westwärts. Hundert Männer waren als Soldaten ausgewählt worden, um Ordnung zu halten, einschließlich Harry McLaughlin. Mit einer schwarzen Gesichtsbemalung, die ihnen Autorität verlieh, setzten sie strenge Regeln für die Büffeljagd durch. Sie hielten die ungeduldigen jungen Jäger auf schnellen Pferden, die als Erste bei den Büffeln sein wollten, streng in Schach. 

Weitere 12 Männer ritten an der Spitze der Kolonne und gaben das Tempo vor. Sie ritten langsam und mit Bedacht, nicht schneller, als der langsamste alte Mann im Zug gehen konnte. Etwa alle drei Meilen ließen sich die Anführer für eine Rast und eine Tabakspfeife nieder. Während dieser Pausen erzählten Männer Geschichten von vergangenen Jagden. 

Nach zehn Meilen schlugen die Jagdteilnehmer von den Stammesgruppen der Hunkpapa und Blackfeet von den Teton-Lakota-Sioux und die Yanktonais das Lager auf. Der Abend brachte Festlichkeiten, Tänze und das Erzählen von Geschichten. Im Lager waren große Redner und Krieger, die Geschichten von Mut und Geschicklichkeit zum Besten gaben: Gall, ein großer Redner und Anführer, mitverantwortlich für den großen Sieg am Little Bighorn 1876, Running Antelope, Red Horse, John Grass, Crow King, Rain in the Face, Spotted Horn Bull, Long Soldier and Shave Head.

 Der Marsch dauerte vier weitere Tage, während der die Anführer ständig die Hügel im Westen nach Signalen von den Scouts absuchten. Schließlich erreichten wir das Tal des Hiddenwood Creek, die beste Büffelweide auf dem Kontinent. Am Morgen des vierten Marschtages blitzte plötzlich ein kleiner Lichtblitz am fernen Horizont auf. Jeder Scout führte einen kleinen runden Spiegel mit sich. Kein Pferd war zu sehen, aber selbst auf diese Distanz konnten die Anführer die Nachricht der Lichtblitze von den Spiegeln lesen: ‹Eine große Büffelherde grast in Sichtweite der Scouts.›

Die Vorausabteilung stoppte und erwiderte das Signal. Mit gedämpften Stimmen wurde die Botschaft durch die lange Reihe der Marschierenden nach hinten weitergegeben. Ihre Gesichter begannen vor großer Freude und Aufregung zu leuchten. 

Da, ein weiterer Lichtblitz. Kurz darauf zeichneten sich Scouts und Pferde vor dem hellen Hintergrund des Himmels ab. 

Der Jagdzug schlug das Lager für die kommende Nacht am Hiddenwood Creek in Schussweite der Büffelherde auf. Alle waren vor lauter Vorfreude angespannt, nur gedämpfte Stimmen waren zu vernehmen, kein ausgelassenes Verhalten und überschwängliches Lachen. Sogar Kleinkinder in indianischen Familien wussten, wann sie still zu sein hatten. Mit einer Hand über dem Mund lernten schon Babies, nicht zu schreien. Die grasenden Büffel durften nicht vorzeitig alarmiert werden.

Am nächsten Morgen war das Zeltlager der Schauplatz großer Aufregung und Aktivität. Die Jäger schärften ihre Messer nach altem Brauch am Tag der Jagd noch einmal. Ein halbes Dutzend Schleifsteine war aufgestellt worden, und Dutzende Männer saßen um jeden herum und warteten, bis sie an der Reihe waren. Während die Männer ihre Messer schärften, verkündete Shave Head, ein Mann von der Indianerpolizei, dass ‹der Vater› – McLaughlin – ein lebendes Büffelkalb wolle. 

An diesem Tag waren die Jäger keine Agenturindianer, gekleidet in Stoffhemden und Wollhosen. Jeder Mann trug einfach einen Lendenschurz. Einige hatten bunte Taschentücher um den Kopf gebunden. Ihre Gesichter leuchteten von roter und gelber Farbe mit schwarzen Streifen darin. Auch die Pferde waren bemalt und mit Federn geschmückt. 

600 Jäger ritten in zwei Kolonnen los, angeführt von Running Antelope und Red Horse. Hunkpapas und Blackfeet-Lakota ritten nach Westen entlang des Hidenwood Creek. Die Yanktonais zogen nach Norden, um sich der Herde von Nordosten zu nähern. 

Die Männer ritten schweigend, aber in gespannter Erwartung, und nutzten Senken und Schluchten als Deckung, um die Büffel nicht vorzeitig zu warnen. 

Die Jagd beginnt.

Auf einer Anhöhe angekommen, gestikulierten und flüsterten Running Antelope und die anderen, ihr weiteres Vorgehen planend, während sie auf den Jagdzug warteten. 

Alle erschraken, als sie heraufkamen und urplötzlich das weite Tal, voll mit Büffeln, unter sich liegen sahen. Schweigend, aber fieberhaft verteilten sie sich entlang der Flanken. Das waren Menschen, denen die Büffeljagd im Blut lag. Seit ihrer Kindheit hatten sie Geschichten über Mut bei der Jagd gelauscht, über Taten von Kraft und Ausdauer gegen starke Bullen, über Büffel-Mystik und Büffel-Legenden. Sie lebten in Zelten aus Büffelhäuten, schliefen unter warmen und weichen Büffelroben, schritten durch Kakteenfelder in zähen Büffelhautmokassins und genossen getrocknetes Büffelfleisch und Pemmikan. 

Schon zu lange mussten sie von fadem Rindfleisch leben, das als Rationen von der Fort-Yates-Agentur an die Indianer ausgegeben wurde. ‚Es macht niemals richtig satt!‘ beschwerten sich die Älteren. Es gelüstete sie nach dem besonderen Geschmack von frischem Büffelfleisch und dem Nervenkitzel der Büffeljagd. Auch die Pferde spürten die Erregung, sie hoben die Köpfe, schnaubten, tänzelten und bäumten sich auf.“

Crow’s Ghost galoppierte zurück, dahin wo McLaughlin wartete, hob die Hand an den Mund und flüstert ihm zu: „Warte hier. Lass die Ersten losreiten. Komm ihnen nicht in die Quere!“

Dann preschte er los und schloss sich wieder den Jagdführern an.

Neben McLaughlin ritt John Eagle Man, ein Indianerpolizist aus der Agentur. Er trug heute ebenfalls nur einen Lendenschurz und ein rotes Taschentuch als Stirnband. Seine Uniform hatte er abgelegt. 

„Es gibt genug Büffel für uns alle,“ raunte Eagle Man mit gedämpfter Stimme. Er war heiß darauf, endlich mit der Jagd zu beginnen, blieb aber weiter an der Seite von McLaughlin. 

„Running Antelope blickte zurück auf die Jäger hinter ihm, die aufgereiht gerade unterhalb des Kammes der Klippe auf sein Kommando warteten, mit der Jagd zu beginnen. 

In diesem Moment riss er seinen Arm hoch und streckte ihn mit eindringlicher Geste vorwärts.

Das war das Kommando! Die Jagd begann. Die Jäger galoppierten mit Höchstgeschwindigkeit hinunter und griffen die Büffelherde von den Hügeln herunter auf beiden Seiten des Hiddenwood Creek an. 

Büchsen krachten und Büffel fielen. Einige begannen davonzurennen. Die Reiter auf den schnellsten Pferden galoppierten voraus, schlossen dicht zu den Leittieren auf und erlegten sie mit ein oder zwei Kugeln. In Panik warfen sich Büffel herum und attackierten die Angreifer mit wütenden Stößen und Schlägen ihrer massiven Köpfe und Hörner. Sie grunzten, brüllten und richteten ihre kurzen, stummeligen Schwänze auf. Jeder Jäger ritt dicht an die Seite seines Büffels heran und schoss ihn in das Herz oder die Lungen. Gewöhnlich fiel das Tier nach dem ersten Schuss. Keine Kugeln wurden vergeudet. Der Jäger überzeugte sich , dass das Tier tot war, und galoppierte weiter für den nächsten Schuss. Auf weiter entfernten Hügeln blickten Büffel nur kurz auf und grasten dann weiter.

Die meisten Männer benützten Repetiergewehre, die schnell nachgeladen werden konnten. Doch nicht alle konnten sich Gewehre leisten. Einige ältere Männer und Jungen jagten daher mit Pfeil und Bogen. Einige hatten keine Gewehre, weil der Agent McLaughlin ihnen nicht traute und Gewehre nicht erlaubte. Viele von ihnen hatten sechs Jahre zuvor gegen General Custer in der Schlacht am Little Bighorn gekämpft. 

Die geschätzten 50.000 Büffel in diesem Teil der Standing Rock Reservation teilten sich in weit verstreute kleinere Herden auf. 

Die Jäger ritten ihre besten Pferde, schnelle Renner. Erfahrene ‚Büffel-Pferde‘, wenn sie welche bekommen konnten. Männer mit jüngeren, schnellen, aber unerfahrenen Pferden fürchteten, dass diese dicht neben diesen fremden, streng riechenden Biestern, auf die sie noch nie getroffen waren, versagen würden. 

Tatsächlich konnte man von Beginn der Jagd an im ganzen Tal stürzende, sich aufbäumende Pferde sehen, deren Reiter kämpften, um wieder die Kontrolle zu erlangen. 

 Ein Mann starb an einem Herzinfarkt. Freunde fanden ihn zusammengekauert hinter einem Felsen, das Gewehr an den Felsen gelehnt, den Hahn gespannt, seinen Finger am Abzug, kurz vor dem Schuss, das Pferd mit hängendem Zügel in der Nähe grasend. 

Ein anderer war mit seinem Pferd gestürzt und lag ohnmächtig am Boden. Ein Jäger hatte drei Finger verloren, als sein Gewehr explodiert war. Ein anderer war von einem wütenden Büffel angegriffen worden. Der Bauch seines Pferdes war von einem Büffelhorn aufgeschlitzt worden, so dass die Eingeweide heraushingen. Ein Bein des Mannes war ebenfalls aufgeschlitzt und blutete vom Knöchel bis zum Knie. 

McLaughlin und die Indianerpolizei in seiner Begleitung hielten, um für die Verwundeten zu sorgen, verbanden ihre Wunden, stoppten die Blutung und brachten sie irgendwo in den Schatten. Keiner von diesen Männern wurde von Verwandten oder Freunden unterstützt, wie es sonst der Fall war. Im Jagdfieber waren die Jäger an den Verwundeten vorbeigaloppiert, ohne Notiz von ihnen zu nehmen. Einige lagen stundenlang blutend in der prallen Sonne. 

Mclaughlin selbst schoss an diesem Tag fünf Kühe und hörte dann auf, da er für mehr Fleisch keine Verwendung hatte. 

Es war ein langer und erfolgreicher Tag ohne Pause. Die Jäger machten weiter, bis sie ihre Pferde verloren hatten oder selbst erschöpft waren. Eine Zählung ergab schließlich 2.000 erlegte Büffel. 

Die Frauen versorgten die Männer, die erst lange nach Einbruch der Dunkelheit ins Lager kamen, mit Essen. Die Jäger waren zu müde für Festlichkeiten oder Geschichtenerzählen.“

Früh am nächsten Morgen brachen die Frauen das Lager ab und zogen den Hiddenwood Creek aufwärts näher zu den erlegten Tieren.

McLaughlin schlief lange. Als er die Zeltklappe schließlich öffnete, sah er zu seiner Überraschung, dass das ganze Lager weg war. Die Menschen und ihre Zelte waren verschwunden. 

Noch mehr erstaunte ihn jedoch, was sie zurückgelassen hatten. Sein Zelt stand alleine da. Aber drum herum, an Stangen festgebunden, warteten 22 Büffelkälber.

„Die Antwort der Indianer auf mein Verlangen nach einem Kalb.“

„Am zweiten Tag schlachteten die Indianer die Tiere und kümmerten sich um das Fleisch. Alle wussten, was zu tun war. Die Freude an der gemeinsamen Arbeit ergriff sie enthusiastisch. Lachen und Rufe erklangen herüber und hinüber. Die Männer häuteten die Tiere ab, viertelten sie und schleppten das Fleisch ins neue Lager am Hiddenwood mit Hilfe von Travois, Packpferden und Wagen. Die Frauen schnitten große Fleischstücke in dünne Scheiben, um sie auf Weidengestellen in der Sonne zu trocknen. Die Büffelhäute breiteten sie zum Trocknen auf der Erde aus. Da es sich um Sommerhäute handelte, würden sie die Haare entfernen und das Leder für Tipis, Mokassins und anderes gerben. 

Am Abend gab es ein Fest, und jeder aß, so viel er konnte. Es war ein fröhliches Fest, wie es eines seit vielen Jahren in Standing Rock nicht mehr gegeben hatte. Mächtige Jäger aßen mit mächtigem Appetit. Sie tanzten. Sie sangen. Bekannte Redner und Häuptlinge erzählten Geschichten von Mut, Glück und Tragödien auf der Jagd und im Kampf. In dieser Nacht nach der großen Büffeljagd von 1882 waren auf diesem Fest Hunkpapas, Blackfeet-Lakota, Yanktonais und „Weiße“ Freunde.

Am dritten Tag gingen die Jäger wieder auf Büffeljagd. Die Herde hatte sich nur einige Meilen weiter westwärts bewegt. An diesem Tag erlegten sie 3.000 Tiere, so dass sie an zwei Jagdtagen insgesamt 5.000 Büffel erlegt hatten. Danach stoppten sie die Jagd und beendeten das Schlachten und Trocknen von Fleisch und Häuten.“

Sitting Bulls Jagd.

Die Jahre nach 1876 waren traumatisch und schmerzhaft für die Sioux in der Standing Rock Reservation. Viele hatten in der siegreichen Schlacht am Little Bighorn am 25. Juni 1876 gekämpft zusammen mit ihren Verbündeten, den Northern Cheyenne. Aber die Büffelherden waren weiter nach Westen gezogen. Der Tag der Schlacht wurde zur Tragödie für beide Seiten: Sie brachte den Tod für General George A. Custer und 261 Männer der 7. Kavallerie und einen kurzlebigen Sieg und schwere Repressalien für die Eingeborenen, die sich endgültig in Reservate begeben mussten. 

Sie zahlten einen hohen Preis für ihren Sieg bei Custer’s Last Stand. Noch im gleichen Jahr mussten sie die Black Hills – das Zentrum des Universums der Lakota-Sioux – und einen Landstreifen entlang der Westgrenze der Great Sioux Reservation an die Vereinigten Staaten abtreten. Die Krieger mussten ihre Gewehre samt Munition und ihre Pferde an die Armee ausliefern. Sie waren nun angewiesen auf die Essensrationen, die die US-Regierung an sie ausgab. 

Nachdem Sitting Bull 1881 mit seinen letzten Anhängern aus dem kanadischen Exil ins Reservat am Missouri zurückgekehrt war, lebten in der Fort-Yates-Agentur 6.000 Dakotas und Lakotas (Hunkpapas, Yanktonais, Blackfeet-Teton-Lakotas, Minniconjous, Sans Arcs, Oglalas, Brules und einige andere kleinere Sioux-Gruppen). 

Diese einst unabhängigen Menschen hatten nun unter einer Politik zu leiden, die sie mit aller Macht zwingen wollte, ihre Kultur und ihre Traditionen zu vergessen. Auf Befehl der US-Regierung zwangen die Indianeragenten die Sioux, Blockhäuser zu bauen, Felder zu bestellen und ihre Religion und kulturellen Werte, Sprache und Lebensart durch diejenigen der Weißen zu ersetzen. Kinder wurden zwangsweise in Internate im ganzen Land verschickt, wo sie „entindianisiert“ werden sollten. Bisher unbekannte tödliche Krankheiten forderten ihren Tribut. Die Essensrationen waren oft zu knapp. Unehrliche Agenten verkauften auf eigene Rechnung Versorgungsgüter, die eigentlich für die Indianer bestimmt waren. 

Ihre großen Pferdeherden und ihre Gewehre waren Vergangenheit. Wenn sie auf Jagd gehen wollten, brauchten sie die Genehmigung des Agenten. Wenn sie ohne Jagdlizenz erwischt wurden, drohten harte Strafen wie Gefängnis, Konfiskation des Pferdes oder Kürzung der Essensrationen für die Familie. 

Menschen, die es gewöhnt waren, für sich selbst zu sorgen, waren nun abhängig von der Regierung. Sie konnten nicht mehr für ihre Familien sorgen oder frei reisen, nicht mal innerhalb des Reservates. 

Bundesgesetze verboten es Nicht-Indianern, im Reservat auf Büffeljagd zu gehen. Trotzdem machten zahlreiche professionelle Büffelhautjäger auf Reservatsland illegal Jagd auf die letzten Büffel. Im Herbst 1882 stieß Häuptling Galls Gruppe zusammen mit den Leuten von Crow King auf ein Lager illegaler weißer Jäger. Sie zählten 1.000 Büffelhäute, die zum Trocknen auf der Erde ausgebreitet waren, und eine ganze Wagenladung getrockneter Biberpelze. 

Weil sie der US-Regierung und der Armee nicht trauten, versteckten die Indianer so viele Gewehre mit Munition als möglich unter dem Boden ihrer Blockhütten. Es war verboten, Gewehre an Indianer zu verkaufen. 

Im Sommer 1882 verließen einige Büffelherden das Gebiet der Great Sioux Reservation, trotz der Anstrengungen der Lakota, sie zurückzuhalten, indem sie das Gras entlang der Reservatsgrenzen anzündeten. Von Zeit zu Zeit entkamen dennoch kleinere Herden, die sofort weißen Jägern zum Opfer fielen. Eine große Herde wanderte über die Nordgrenze des Sioux-Reservates und stürmte das Tal des Cannonball River aufwärts mit Scharen von Jägern in heißer Verfolgung. Die Büffel überquerten noch den Little-Missouri-River und den Yellowstone-River, bevor sie von weißen Jägern vollständig vernichtet wurden. Es war die Politik der US-Regierung, den Bison auszurotten, um so die Prärieindianer endgültig zu unterwerfen. 

Trotzdem konnten die Sioux noch den ganzen Sommer 1883 über im Reservat auf Büffeljagd gehen. Eine große Herde von 10.000 Tieren graste im Herbst noch auf oder nahe dem Reservat, verfolgt von weißen und roten Jägern. 

Am 15. September 1883 genehmigte Agent McLaughlin Sitting Bull und seiner Gruppe eine Büffeljagd und gab sogar Munition an die Krieger aus. Eine Herde von 1.200 Tieren befand sich noch innerhalb des Reservates. Im Oktober 1883 kamen Sitting Bull und seine ganze Stammesgruppe mit tausend Kriegern von der Standing Rock Agency und erlegten innerhalb von zwei Tagen die ganze Herde. Es war die letzte große Büffeljagd der Sioux. Die Jagdsaison 1883 beendete endgültig die Existenz der großen nördlichen Büffelherde.

An der Schwelle zur vollständigen Vernichtung.

1889 veröffentlichte William Hornaday in seinem Buch „The Extermination of the American Bison“ folgende Zahlen für die letzten Büffel im Westen:

Wild und ungeschützt

Texas Panhandle 25, Colorado 20, Wyoming 26, Montana 10, Dakota(western) 4,

Canada (geschätzt) 550, Yellowstone Park 200,

In Gefangenschaft  256, Total  1091 Büffel

1895 wurden von dem kanadischen Historiker und Schriftsteller, Ernest Thompson Seton, noch gerade mal 800 Büffel im Westen gezählt. Im Sommer 1912 ergab eine Zählung im Yellowstone-Nationalpark noch 49 Büffel von ehemals 200. Der größte Teil war von Wilderern abgeschossen worden. 

Die Rettung einer Tierart.

Der Büffel wurde letztlich gerettet, weil eine Handvoll Männer und Frauen in den 1880er und 1890er einige wilde Büffelkälber fingen und in Gefangenschaft aufzogen. Zu den Rettern gehörten Indianer und Weiße. 

Am 1. März 1872 wurde der Yellowstone-Nationalpark gegründet. Er ist der älteste Nationalpark der Welt. Auf rund 9.000 km2 in Wyoming, Montana und Idaho wurde er Ende des 19. Jh. zum Rückzugsgebiet für einige der letzten wilden Bisons im amerikanischen Westen. Heute weiden ca. 5.000 Bisons im Park.

1905 wurde mit Unterstützung von Präsident Theodore Roosevelt die American Bison Society gegründet, um den Bison vor dem Aussterben zu bewahren und die Öffentlichkeit für die Art zu sensibilisieren. Die ABS machte sich sofort an die Arbeit, um mit Hilfe des Kongresses eingezäunte Büffelschutzgebiete auf Bundesland einzurichten und mit gespendeten und gekauften Tieren zu bestücken.

So erhielt der Wind Cave National Park in den Black Hills von Süd-Dakota 14 Büffel per Eisenbahn von der „New York Zoological Society“ zusammen mit sechs weiteren aus dem Yellowstone-NP, die inzwischen auf eine Herde von 350 reinrassigen Büffeln angewachsen sind. Im Custer State Park in den Black Hills, dem ersten State Park in Süd-Dakota, weiden heute auf 71.000 Morgen Land 1.400 Bisons. 

1908 gründete Theodore Roosevelt die National Bison Range in der Flathead Indian Reservation in Montana als dauerhafte Heimat für eine Büffelherde, die heute 250-300 Tiere umfasst. 

1936 wurde am oberen Missouri in Montana das Charles M. Russell National Wildlife Refuge gegründet, das mit über 3.706 km2 das zweitgrößte nationale Wildschutzgebiet in den USA südlich von Kanada ist und die Heimat zahlreicher Wildtierarten. Bemühungen im Wildlife Refuge auch frei umherwandernde Büffel anzusiedeln, sind jedoch bisher am erbitterten Widerstand der Viehzüchter in Montana gescheitert.

1978 wurde in den Bad Lands am Little Missouri in Nord-Dakota der Theodore-Roosevelt-Nationalpark gegründet und auf den zwei Hauptteilen des 285 km2 großen Parks Büffel angesiedelt. Im Südteil grasen heute 200-400 Tiere und im Nordteil 100-300. 

2004 nahm eine Vision gestalt an. Umweltschützer kauften oder pachteten Land für ein Büffelschutzgebiet in Montana – das American Prairie Reserve (APR). Alles begann im Oktober 2005 mit 16 Bisons auf einem Weidegebiet von 32.000 Morgen Land nördlich des Charles M. Russell National Wildlife Refuge. Langfristiges Ziel ist die Wiederherstellung und Bewahrung eines funktionierenden, natürlichen Prärie-Ökosystems auf drei Millionen Morgen gekauftem und gepachtetem Land mit Wanderungskorridoren für Wildtiere und einem Tierbestand, der alle Tierarten umfasst, die einst in der Prärie heimisch waren. Inzwischen umfasst das Wildschutzgebiet 419.625 Morgen Land, auf dem neben zahlreichen anderen Wildtieren auch 810 Büffel in drei Herden grasen. Angestrebt wird eine Büffelherde von 10.000 Tieren in einigen Jahren.

Die Rückkehr des Büffels auf Sioux-Land

Standing Rock Sioux Reservation

Die Standing Rock Sioux Reservation in Nord- und Süd-Dakota erhielt 1955 die erste stammeseigene Herde als Geschenk vom Theodore Roosevelt National Park – einen Bullen und vier Kühe. Weitere Büffel kamen als Geschenk vom Wind Cave National Park und den Bad Lands National Parks in Süd-Dakota oder wurden im Laufe der Zeit mit Geldern aus der Stammeskasse dazugekauft. Heute zählen die beiden Stammesherden ca. 350 Tiere. 

Cheyenne River Sioux Reservation

1991 nahmen die Cheyenne River Sioux mit einem Büffelprogramm den Aufbau einer stammeseigenen großen Büffelherde in Angriff, als Schwerpunkt eines sozioökonomischen Entwicklungsprogramms im Reservat. Damit soll auch der souveräne Status des Lakota-Sioux-Volkes gestärkt werden. Die Weltanschauung der Lakota verlangt, dass die sozioökonomische Entwicklung mit kulturellen Traditionen harmoniert. Dazu gehört auch der große Respekt vor dem Büffel.

Die Büffelherde der Cheyenne River Sioux ist mittlerweile von 85 Tieren auf 2.000 angewachsen. Angestrebt wird eine Herde von 5.000 Tieren. Die Wiederansiedlung von Büffeln ist das zentrale Element eines gesunden Prärieökosystems und auch der Stammesökonomie. 

Pine Ridge Indian Reservation

An die 1.100 Büffel grasen auf fünf Weiden im Reservat. Im Dürrejahr 2012 mussten die Oglala Heu für 45,– $ je Tonne in Nord-Dakota dazukaufen, da die Tiere auf den ausgetrockneten Weiden nicht mehr genügend Futter fanden. 

Rosebud Indian Reservation

Eine Herde von 300 Bison im Besitz des Stammes steht gegenwärtig auf der 28.000 Morgen großen Weide im Reservat. In fünf Jahren sollen es 1.500 Tiere sein. 

Intertribal Buffalo Council

Sie ist die Organisation der Indianer in den USA, die den Stämmen dabei hilft, eigene Büffelherden aufzubauen und für sie zu sorgen. Mehr als 60 Stämme sind heute Mitglied des Intertribal Buffalo Council. Über 15.000 Büffel leben heute in stammeseigenen Herden in den USA. 

Lower Brulé Indian Reservation

Der Lower Brulé Sioux Tribe besitzt auf drei Bisonweiden im zentralen Süd-Dakota am Westufer des Missouri mit insgesamt 6.200 Morgen Land eine Herde von 300 Büffeln, die sich das Grasland mit Gabelböcken, Maultierhirschen, Weißwedelhirschen und zahlreichen Wildvogelarten teilen. 

Crow Creek Indian Reservation

Das 1.092 km2 große Reservat auf der Ostseite des Missouri gegenüber der Lower Brulé Indian Reservation wird von 2.225 Nakota- und Dakota-Sioux bewohnt. Die meisten Bewohner kamen nach dem großen Sioux-Aufstand 1862 aus Minnesota hierher. Ursprünglich wurde das Gebiet des heutigen Reservates von den Ackerbau treibenden Mandan- und Arikara-Indianern bewohnt, ehe wiederkehrende Pocken- und Cholera-Epidemien in der ersten Hälfte des 19. Jh. diese Bewohner an den Rand der vollständigen Vernichtung brachten. Archäologische Fundstätten legen noch heute Zeugnis von den ursprünglichen Bewohnern ab. Der Crow Creek Sioux Tribe besitzt eine kleine Büffelherde, die oft auf dem Weideland nördlich von Fort Thompson (Sitz der Stammesverwaltung) zu sehen ist.

Lake Traverse Indian Reservation

„Wir haben viele kulturelle Verbindungen zum Büffel,“ meint Alvah Quinn vom Stamm der Sisseton-Wahpeton-Dakota im Nordosten Süd-Dakotas. Ihr Stamm ging das letzte Mal 1879 auf Büffeljagd. Dann, im September 1992 kamen die ersten Büffel ins Reservat. Heute grasen hier wieder 360 Büffel nach 112 Jahren Abwesenheit.

Yankton Indian Reservation

Der Yankton Sioux Tribe hat etwa 12.000 eingetragene Stammesmitglieder und besitzt eine Büffelherde von ca. 70 Tieren, die auf Weideland nahe dem Missouri River grasen. 

Flandreau Indian Reservation

Der Flandreau Santee Sioux Tribe am Sioux River im Osten Süd-Dakotas begann den Aufbau seiner Bisonherde 1990 mit einem Dutzend Kühen und einem Bullenkalb aus dem Custer State Park in den Black Hills. Zwanzig Jahre später war die Herde auf 250 Tiere angewachsen. 

Spirit Lake (Dakota-Sioux) Indian Reservation

Die Spirit Lake Reservation in Nord-Dakota wurde 1867 durch einen Vertrag zwischen Sisseton-Wahpeton-Gruppen (Santee-Dakota) und der US-Regierung gegründet. Heute hat die Spirit-Lake-Nation 8.000 eingetragene Stammesmitglieder, von denen 5.500 im Reservat leben. 1987 hat die Spirit-Lake-Nation mit dem Aufbau einer eigenen Büffelherde begonnen. Heute weiden 100 Tiere auf 1.235 Morgen Stammesland. 

Santee Sioux  Indian Reservation

Die Santee Sioux Reservation am Südufer des Missouri in Nebraska wurde 1863 nach dem großen Sioux-Aufstand 1862 in Minnesota gegründet. 

Im September 2020 erhielt der Santee Sioux Tribe in Nebraska, wie auch einige andere Stämme, einige Büffel vom Nordrand des Grand Canyon NP, um die Größe der Herde auf dem Kaibab Plateau zu reduzieren. 

Fort Peck (Assiniboine & Sioux Tribes) Indian Reservation

Nach 1865 verbündeten sich westwärts gewanderte Gruppen der Dakota und Lakota mit den Assiniboine (Nakoda) und zogen in das Gebiet nahe dem Milk River/Missouri River in Montana. 1888 wurde das 8.471 km2 große Reservat durch Kongress-Beschluss gegründet. Von den 13.380 eingetragenen Stammesmitgliedern leben 9.480 im Reservat. Etwa ⅓ gehören zu den Assiniboine.

Im November 2014 erreichten fast 100 wilde Bisons aus dem Yellowstone-Nationalpark das Fort-Peck-Reservat. Zusammen mit 48 Yellowstone-Bisons, die bereits 2012 gekommen waren, teilte sich die Herde nun ein 13.000 Morgen großes Weideareal. Im Dezember 2014 erreichten weitere 138 Bisons das Fort-Peck-Reservat. Im Oktober 2019 kamen weitere 55 Bisons dazu. 2020 hatte die Büffelherde der Assiniboine & Sioux Tribes eine Größe von 375 reinrassigen Tieren.

Heute existieren wieder viele Büffelherden in Indianerreservaten, Naturschutzgebieten, Nationalparks und auf privatem Ranchland in den Northern Plains. Allein in Süd-Dakota grasen ca. 40.000 Bisons, in den USA und Kanada zusammen über 400.000 Tiere. 

Das Schicksal der nördlichen Büffelherde

Nach der Ausrottung der südlichen Büffelherde mussten sich im Frühjahr 1879 auch die letzten Jäger in Texas nach einem neuen Betätigungsfeld umsehen. Das Knallen der schweren Sharps Rifles war auf den südlichen Plains nur noch selten zu hören. 

Viele Jäger ritten zu den nördlichen Ebenen am oberen Missouri, wo es angeblich noch genügend Büffel gab, um sie die nächsten Jahre mit Jagen und Häuten zu beschäftigen. 

Auf den nördlichen Ebenen hatten die Indianer seit Menschengedenken Büffel gejagt. Solange sie nur für den Eigenbedarf jagten, hatte ihre Jagd keine merkliche Auswirkung auf die Größe der Büffelherden. Später jedoch führte die Jagd nach Fellen für weiße Händler zu einem verstärkten Abschuss der Tiere mit spürbaren Auswirkungen auf die Bestandsgröße der Herden. Aber 1879 fanden professionelle weiße Jäger noch viele lukrative Abschussplätze in der Region. 

Der Friedensvertrag von Fort Laramie 1868 hatte den Sioux gute Jagdgründe garantiert „so lange Gras wächst und Wasser fließt.“ Sie sollten das Recht haben, Büffel zu jagen auf dem ganzen Land nördlich des Platte River und am Republican Fork des Smoky Hill River (Nebraska/Kansas), so lange dort Büffel in solcher Zahl umherzögen, dass die Jagd auf sie gerechtfertigt sei. 

Von miteinander konkurrierenden Händlern erhielten die Indianer höhere Preise für verarbeitete Büffelroben. In den 1870er brachte eine feine Robe oft 6,– $ oder einen Krug Whisky. Zwischen 1874 und 1877 wurden jährlich 80.000 – 100.000 Büffelfelle von Fort Benton aus auf dem Missouri verschifft. Andere gingen an die Händler der Hudson’s Bay weiter im Norden, zusammen mit Tausenden Päckchen Pemmikan.

Ab 1870 wurde die Northern Pacific Railroad gebaut, die im Juni 1873 die Stadt Bismarck am Missouri erreichte. Hier übernahm die Eisenbahn Büffelroben, die den Missouri und den Yellowstone herunter kamen. In den folgenden Jahren durchquerte die neue Bahnlinie die Prärie bis Glendive und Miles City, die Hauptquartiere vieler Büffeljäger in den nördlichen Ebenen. Die Existenz dieser Bahnlinie ermutigte die weißen Jäger zusätzlich. Sie beschleunigte nicht nur den Transport der Tierhäute zu den Märkten, sondern machte auch das nördliche Jagdgebiet für die Jäger sicherer, indem sie weiße Siedler ins Land brachte und die US-Armee veranlasste, besseren Schutz zu gewähren. Die Vernichtung von General Custer und seiner Truppen am Little Bighorn im Sommer 1876 stachelte die Entschlossenheit der US-Regierung nur noch mehr an, die Indianer auf den nördlichen Ebenen endgültig zu zähmen. 

Häuptling Sitting Bull war im Herbst 1877 mit 5.000 Anhängern nach Kanada geflüchtet, was den Widerstand der Indianer gegen weiße Jäger schwächte. Einige waren bereits in den frühen 1870er in das nördliche Jagdrevier gekommen. Aber obwohl sie einige hunderttausend Büffel getötet hatten, blieben Transportschwierigkeiten und die Indianergefahr entmutigend. Nun waren die Aussichten viel besser. 1876 wurden 50.000 Büffelhäute und Roben von Bismarck aus weitertransportiert. Noch gab es viele Büffel im Südosten Montanas, im Nordosten Wyomings und zeitweise auch im westlichen Dakota. Reisende entlang des Yellowstone River fanden 1879 den Weg häufig durch große Büffelherden blockiert. Im Winter und Frühjahr 1880 wurden mehr als 200.000 Büffelfelle aus dem Dreieck zwischen Missouri, Yellowstone und Musselshell River im östlichen Montana per Schiff abtransportiert. 

Im Spätsommer 1880 veranlasste der permanente Druck durch weiße Jäger in Montana eine große Büffelherde nach Osten ins Dakota-Territorium abzuwandern. Es war das erste Mal seit Jahren, dass sich wieder zahlreiche Büffel in diesem Gebiet (nördlich der Black Hills) befanden. Diese Invasion zog nicht nur weiße Jäger an, sondern auch Indianer in großer Zahl, die sich mit Fleisch, Roben und Häuten versorgen wollten. Auch in Wyoming nahm die Jagd der Indianer auf Büffel wieder zu. Bei Fort Washakie verkauften Eastern Shoshone und Northern Arapaho im Frühjahr 1881 etwa 2.000 Roben und Büffehäute an weiße Pelzhändler. 

Berichte, dass die Büffel auf ihre früheren Weidegründe am obern Missouri zurückgekehrt seien, waren gute Neuigkeiten für die Indianer in den Reservaten entlang des Flusses. Im September 1880 zogen 60 Jäger der Lakota-Sioux vom Cheyenne River-Reservat auf die Büffeljagd. Begleitet wurden sie von 40 Frauen, die das Abhäuten, Schlachten und Verpacken übernehmen sollten, 300 Pferden und zahlreichen Hunden für den Transport der Jagdbeute. Am frühen Morgen traf die Jagdgesellschaft auf eine kleine Büffelherde, die verstreut auf der Prärie graste. Nach kurzer Zeit hatten die Indianer 50 Tiere erlegt. Am Abend waren sie mit Fleisch und Häuten zurück in ihrem Jagdlager. Im Winter 1880 wurden mehr als 2.000 Büffelhäute in das Cheyenne River-Reservat gebracht. 

Trotz der ständigen Bejagung schienen die Büffel auf den nördlichen Ebenen zu Beginn der Jagdsaison 1881/82 so zahlreich wie immer zu sein. In Nord-Wyoming wurde von so vielen Tieren berichtet, dass Rancher sich Sorgen machten, ob ihre Rinder noch genügend Gras finden würden. In Ost- und Zentral-Montana waren Büffel ähnlich zahlreich. Im Tal des Rosebud River südlich des Yellowstone verdunkelte eine Herde von über 50.000 Tieren das Land über 40 Meilen. Büffeljäger und Fellaufkäufer schätzten, dass noch 1.000.000 Tiere auf den nördlichen Ebenen grasten, viele davon in der Region um Miles City. 

Berichte über diese Büffelherden lockten Horden weiterer Jäger in das Gebiet, bis schätzungsweise 5.000 weiße Jäger neben den Indianern mit Schießen und Abhäuten beschäftigt waren. Die meisten jagten in dem Dreieck zwischen Missouri, Yellowstone und Musselshell, andere zwischen Powder River und Little Missouri. 

Das so rücksichtslose und weitverbreitete Abschlachten der Wildrinder machte die Jagdsaison von 1881/82 zur erfolgreichsten in der Region. Ein einziger Fellhändler in Glendive verschiffte über 250.000 Häute in dieser Zeit. Im Juni 1882 brachte der Dampfer Rosebud 10.000 Büffelhäute nach Bismarck. Große Mengen Büffelfleisch wurden in Bismarck verkauft. Die Northern Pacific Railway transportierte von dieser Stadt 200.000 Büffelfelle nach Osten. Fast dreimal so viel wie in den Jahren davor. 

Aber der Winter 1882/83 war der letzte für die weißen Büffeljäger. Auf den Weiden stand nur noch ein Bruchteil der Million Büffel ein Jahr zuvor. Vielleicht die größte Herde, geschätzte 75.000 Tiere, hatte sich grasend nach Norden bewegt und den Yellowstone River überquert, umgeben von einem Ring von weißen und roten Jägern, die die Größe der Herde beständig reduzierten. Kleinere Herden wurden in West-Montana gesichtet. Zwischen den Bergen und dem Kordon von Jägern saßen die Büffel in der Falle, aus der nur wenige in den kanadischen Nordwesten entkamen. 

Mitte 1883 waren fast alle Büffel verschwunden. Einige Jäger vermuteten, dass sie nach Kanada abgewandert wären. Aber dem war nicht so. Die Büffel in Kanada waren noch vor denen in den USA ausgerottet worden. Die größte Gruppe, die noch existierte, war eine Herde von 1.000-1.100 Büffeln im Westen Dakotas. Das war alles, was von einer Herde von 10.000 Tieren übrig geblieben war, die hier noch 1882 gegrast hatte. Im Oktober 1883 weideten die Tiere zwischen Bismarck und den Black Hills. Dann kamen Häuptling Sitting Bull und 1.000 seiner Krieger aus dem Standing Rock-Reservat und erlegten sie alle. Es war die letzte Büffeljagd der Sioux.

Im Herbst 1883 zogen einige der weißen Jäger wieder los, aber sie fanden keine Büffel mehr. Es gab noch einige Hundert in und um den Yellowstone-Nationalpark, ein paar kleine Gruppen in geschützten Schluchten und gelegentlich einen einsamen wandernden Bullen in den Bergen. Mit Ausnahme dieser Exemplare waren die Büffel, die einst zwischen 60 und 70 Millionen gezählt hatten, verschwunden. Tausende Longhorns aus Texas kamen nun auf die Weiden, die einst den Büffeln gehört hatten. 

Die letzten Überlebenden der südlichen Büffelherde.

Als sich im Mai 1869 die Gleise der Eisenbahngesellschaften Union Pacific und Central Pacific in Utah begegneten, war die erste transkontinentale Eisenbahnverbindung in den Vereinigten Staaten hergestellt. 

Die Eisenbahn beschleunigte die Erschließung des Westens, weil sich die Besiedlung entlang des Schienenstranges schneller vollzog.

Eine der Folgen des Eisenbahnbaues durch die Prärie in Nebraska und Wyoming war auch die Teilung der großen Büffelherde, die auf den Great Plains zwischen Kanada und Texas umherwanderte, in eine nördliche und eine südliche Herde.

Weitere Bahnlinien durch die Prärie in Kansas folgten.

Obwohl es die Jagd auf Büffel für Fleisch und Felle schon immer gegeben hatte, brachte erst das hemmungslose Abschießen der Tiere durch professionelle Büffeljäger zwischen 1871 und 1883 diese Tierart, die einst auf bis zu 30 Millionen Tiere geschätzt wurde, an den Rand ihrer vollständigen Vernichtung. Die Jäger transportierten die Häute zu Verladebahnhöfen wie Dodge City in Kansas, von wo sie weiter nach Osten zu den Märkten gebracht wurden. 

Nach dem Red River War von 1874 (aus Sicht der Indianer der «Krieg zur Rettung der Büffel») und dem Verlust ihrer Pferde, Waffen, Zelte, Vorräte und ihrer ganzen anderen Habe nach der Schlacht im Palo Duro Canyon im Texas Panhandle war es vorbei mit dem Leben als freie Büffeljäger in den Staked Plains von Texas, und die Comanchen, Kiowas, Cheyenne und Arapaho mussten sich endgültig in Reservaten im Indianerterritorium (heute Oklahoma) niederlassen. 

Als es 1878 einigen Comanchen gestattet wurde, unter militärischem Begleitschutz in ihren alten Jagdgründen auf Büffeljagd zu gehen, fanden sie keine Büffel mehr, sondern nur noch weiße Knochen, die geisterhaft im Sonnenlicht glänzten. Opfer der weißen Büffeljäger. Die südliche Büffelherde, die Existenzgrundlage der Prärieindianer in den South Plains, hatte aufgehört zu existieren.

Nach dem Red River War 1874 und der Festsetzung der Comanchen und ihrer Verbündeten in Reservaten im Indianerterritorium (heute Oklahoma), war der Texas Panhandle frei für Rinderzüchter. Einer von ihnen war Charles Goodnight. Er machte sich bereits während der letzten Kämpfe zwischen frei umherstreifenden Comanchen und Kiowas und der US Army auf den Weg zum Palo Duro Canyon. Er wusste, das es am Grund des Canyons Wasser gab. Eine rare Ressource in dieser Region, aber unverzichtbar für die Rinderzucht in großem Stil. Das Land außerhalb des Canyons war zudem gutes Weideland. Goodnight fand den Canyon und gründete 1876 die erste Ranch im Panhandle von Texas. Er taufte sie JA Ranch nach seinem Geschäftspartner. 

Goodnight war geschockt, als er auf dem Grund des Canyons auf Büffel stieß. Etwa 10.000 bis 12.000 Büffel hatten sich aus den Ebenen von Texas hierher gerettet. Der Rancher wusste, dass diese Wildrinder mit seinen Tieren um das Gras im Canyon konkurrieren würden. Da er sie jedoch nicht einfach abschießen wollte, trieb er sie an das hinterste Ende des Canyons, weit weg von seiner Ranch.

Aber es sprach sich schnell herum, dass auf dem Grund des Canyons noch zahlreiche Büffel lebten. Und die professionellen Büffelschlächter machten sich alsbald wieder ans Werk. Als klar wurde, dass diese “Jäger” auch noch den letzten Büffel im Canyon töten würden, forderte Mary Ann, die Frau von Goodnight, ihren Mann auf, mit einer eigenen Büffelherde zu beginnen. Er begann mit zwei Büffelkälbern und hatte schließlich eine Herde von 250 Tieren. Die Büffelherde von Charles Goodnight war eine von nur noch fünf kleinen Herden in den Vereinigten Staaten, die das Überleben dieser Tierart sichern sollten. Die Büffelherde im Yellowstone-Nationalpark wurde aus Büffeln aufgebaut, die von der „Goodnight-Herde“ stammten. 

1997 wurden 32 Tiere der „Goodnight-Herde“ an das Texas Parks and Wildlife Department verschenkt. Eine DNA-Untersuchung ergab, dass diese Büffel reinrassig waren. Sie gehörten tatsächlich zu den letzten Überlebenden der großen südlichen Büffelherde, die einst über die weiten Ebenen zog. Heute lebt die Texas State Bison Herd im Caprock Canyons State Park am östlichen Rand des Llano Estacado, etwa 100 Meilen südöstlich von Amarillo, Texas.

Es besteht die Hoffnung, dass sich die Herde weiter vermehrt und irgendwann wieder wild die Prärie durchstreifen kann. Vorläufig müssen die ca. 250 Büffel (Sommer 2019) sich noch mit 700 Morgen Weideland zufriedengeben, sollen aber in den kommenden Jahren auf den ganzen 15.000 Morgen Land des Caprock Canyons State Park weiden dürfen. 

Perspektiven der Inuit in Bezug auf die Schifffahrt durch die Nordwestpassage.

Aus einem Text von Karen Kelley (Inuit Tapiriit Kanatami, Ottawa, Kanada, 2017)

Übersetzung: Viktor Stern

Seit Jahrtausenden leben Inuit auf dem Land, Wasser und Eis, aus denen ihre Heimat, Inuit Nunangat, besteht. Durch den Klimawandel und das schmelzende Eis wächst das Interesse am Land der Inuit und seinen Wasserstraßen. Weltweit bekannt als Nordwestpassage.

Dabei sehen die Ureinwohner dieser Region die Öffnung der Nordwestpassage (die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik im Norden des amerikanischen Kontinents) aus einer anderen Perspektive als viele der Menschen in südlichen Regionen. Sie berichten von den Veränderungen, die sie sehen, und den gewaltigen Einfluss dieser Veränderungen auf ihren Way of Life. Die Mehrheit der kanadischen Inuit lebt in vier Regionen der kanadischen Arktis:

Inuvialuit (Northwest Territories)

Nunavut

Nunavik (Nord-Quebec)

Nunatsiavut (Nord-Labrador)

Zusammen bilden diese vier Regionen Inuit Nunangat, das Heimatland der ca. 65.000 Inuit in Kanada mit 35 % der Landmasse Kanadas und 50 % seiner Küste.

Die Inuit sind ein seefahrendes Volk. Ihre Kultur und ihr Way of Life sind untrennbar mit den Ozean verbunden. Die Meeresumwelt ist von zentraler Bedeutung für ihre Identität, ihre Wahrnehmung der Welt und ihrer selbst. Die Nordwestpassage ist ein Teil von Inuit Nunangat, und zukünftige Aktivitäten dort haben Auswirkungen auf Inuit-Kommunen und ihren Way of Life. Die Ansichten der Inuit müssen daher in der Mitte aller Überlegungen stehen, wie die Nordwestpassage zukünftig von Kanada und anderen Staaten genutzt wird.

Was heute als Nordwestpassage bekannt ist, wurde von den Inuit schon seit Jahrtausenden benutzt, um durch Inuit Nunangat zu reisen. Sie betrachten diese also mehr als Teil ihres Heimatlandes denn als Abkürzung für den Welthandel. 

Heute werden neue Fragen gestellt wie: „Wem gehört die Arktis?“ Für die Inuit klingt diese Frage  indes höchst merkwürdig:

„Wir haben eine Geschichte, die tausende von Jahren quer über die Arktis umfasst, die andere nun für sich reklamieren. Wir gehören zu den wenigen Völkern in der Welt, die die Fähigkeit besitzen, in der Arktis mit ihren harschen klimatischen Bedingungen zu leben und zu überleben. Wir sind ein Küstenvolk und hängen vom Lebensraum Meer ab. Und die Jahreszeiten schenken uns verschiedene Möglichkeiten zum Jagen, Sammeln und Fischen. Schiffstransporte durch die Nordwestpassage werden stark zunehmen und unsere Umwelt bedrohen – eine, die wir weiterhin nutzen und von der wir leben. Tausende Fahrgastschiffe navigieren heute bereits durch die Gewässer der Arktis ohne die notwendige Infrastruktur in der Region. Hier sind große Investitionen nötig.

Kanada will im hohen Norden Tiefseehäfen gründen, die es an der Westküste Grönlands bereits gibt. Eine verstärkte Ausübung von Offshore-Rechten durch die Inuit in der Arktis ist entscheidend für das Überleben, die Entwicklung und die Zukunft der Inuit. Die Rechte der Inuit als Ureinwohner der Arktis schließen das Recht ein, erneuerbare und nicht erneuerbare Ressourcen des Meeres zu nutzen. Eine weitgehende Kooperation über die Davisstraße hinweg zwischen den Inuit von Kanada und Grönland ist notwendig. Für die Entwicklung ihrer Wirtschaft ist es vor allem wichtig, dass sie ihr Wissen und ihre Erfahrung in der Seeschifffahrt teilen. Die Entwicklung der Fischindustrie in grönländischen Gewässern, kontrolliert und im Besitz der Inuit in Grönland, ist ein wichtiger Pfeiler der ökonomischen Entwicklung.“

Seit den frühen 60er haben auch die Inuit in Kanada Schiffsnavigatoren und kommerzielle Fischer ausgebildet. Der Wechsel von einem Leben als traditioneller Robbenjäger zu dem eines Schiffskapitäns oder eines Matrosen auf einem Trawler hat die Inuit in die Lage versetzt, an der modernen Fischwirtschaft mit hochwertigen Produkten teilzuhaben. Kanada hat inzwischen begonnen, die Ausbildung junger Inuit für die Arbeit im Seetransport-Sektor wie auch in der Fischerei verstärkt zu fördern. 

Die Navajo-Nation erlebt während der Coronavirus-Pandemie eine Renaissance der Landwirtschaft.

Von Laurel Morales, Juli 2020.

Übersetzung: Viktor Stern

Ursprünglich lebten die Navajos von ihrem Land. Aber Jahrzehnte der Assimilation, erzwungener Umsiedlung und Abhängigkeit von staatlichen Lebensmittelzuteilungen änderten das.

Der Navajo-Farmer, Tyrone Thompson, ist auf einer Mission, um seinem Volk zu helfen, wieder zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Er benützt sogar Social Media, um traditionelle landwirtschaftliche Techniken zu lehren. In einem Video demonstrierte er kürzlich, wie man mit Hilfe von organischem Material trockenen Ton in fruchtbare Erde verwandelt. 

Das US-Landwirtschaftsministerium nennt die Navajo-Nation (das Reservat der Navajos) eine Nahrungswüste. Die Menschen reisen bis zu 40 Meilen, um Lebensmittel zu kaufen. Aber Thompson ist der Meinung, das müssten sie gar nicht.

„Wenn wir sehen, wie sich die Regale mit Lebensmitteln und Toilettenpapier leeren, verbinden wir uns halt wieder mit unseren Wurzeln,“ meint Thompson. „Einige unserer Werkzeuge, die uns von den Älteren und Vorfahren vermacht wurden – Grabstock und Planzstöcke – das sind unsere Waffen gegen Hunger, Armut und Krankheit.“

Die Navajo-Nation hat es von der höchsten Coronavirus-Infektionsrate im Land zu einer stetigen Abnahme der Fallzahlen geschafft. Die Stammesführer halten die Menschen von Reisen in umliegende Bundesstaaten ab, wo die Infektionsraten noch zunehmen. Mehr Navajos bleiben jetzt zu Hause und betreiben Gartenbau und Landwirtschaft.

Ray Farmer / NBC News.

„Das Interesse daran ist stark gestiegen,“ meint Francis. „Saatgut ist schwer zu bekommen. Es verschwindet genau so schnell aus den Regalen wie Toilettenpapier.“

Das neu erwachte Interesse an der Landwirtschaft kommt fünf Jahre, nachdem viele Leute im Reservat sie aufgegeben hatten. Sie hörten damit auf, nachdem das Flusssystem im Südwesten durch fast 12 Millionen Liter mit Blei und Arsen kontaminiertem Wasser aus einer Mine in Colorado verschmutzt worden war.

„Das war für alle ein Schock,“ erläutert Francis.

Die Stadt Shiprock am San Juan River im Norden des Reservates wurde am härtesten getroffen. Viele der Einwohner dort haben kein fließendes Wasser. Als die Gold King Mine den San Juan River verseuchte, waren die Menschen am Boden zerstört.

Wasser spielt eine wichtige Rolle in den Zeremonien der Navajos. Als die Menschen die gelbe Brühe an ihren Farmen vorbeifließen sahen, verzweifelten sie an der Wirksamkeit ihrer Gebete, ihren Lebensgrundlagen und an der Zukunft ihrer Familien. 

„Wir Ureinwohner nehmen die spirituellen und physischen Aspekte unseres Lebens als ein und dasselbe wahr,“ erläutert der Präsident des Shiprock Chapter (Verwaltungsbezirk), Duane Yazzie.

Stromabwärts hoffen die Navajos wieder auf sauberes Wasser aus dem San Juan River, um damit ihre Felder zu bewässern und während der Pandemie eine sich selbst versorgende Nation zu werden.

Der Präsident des Shiprock Chapter, Duane Yazzie.

Fortschritte bei der Entwicklung eines «American Prairie Reserve»

Die Wiederherstellung und Bewahrung eines funktionierenden, natürlichen Prärie-Ökosystems, dem American Prairie Reserve, in Montana schreitet weiter voran. 

Am 20. Okt. 2005 kehren nach mehr als 120 Jahren 16 Bison auf die Prärie von Montana zurück. Im Jahr 2008 werden 18 Meilen Büffel-Elektrozaun gezogen. Das ermöglicht die Vergrößerung der Bison-Range von 2.600 auf 14.000 Morgen Land. Der Büffel-Zaun behindert nicht die Bewegungsfreiheit anderer Wildtiere wie etwa der Maultierhirsche, Weißwedelhirsche oder Pronghorn-Antilopen (Gabelböcke). Im Jahr 2010 lassen 94 Bison vom Elk Island National Park in Alberta, Kanada, die Herde weiter anwachsen. Die Vorfahren dieser Bisons stammten ursprünglich aus Montana. Es handelt sich also sozusagen um eine historische Heimkehr. 

2012: Das APR besitzt oder hat in Pacht 123.000 Morgen Land unmittelbar nördlich des Charles M. Russel National Wildlife Refuge.

2017: Seit 2004 hat das American Prairie Reserve durch mehrfachen Landerwerb eine Größe von fast 400.000 Morgen Land erreicht. Die Büffelherde des Schutzgebietes wächst auf 700 Tiere. 

Ziel ist es, eines Tages 3 Millionen Morgen Staatsland mit 500.000 Morgen Privatland zum größten Wildtierreservat der USA zu vereinen und 10.000 Büffeln und auch allen anderen Wildtierarten, die einst auf der Prärie lebten, eine Heimat zu bieten. 

Das American Prairie Reserve und der WWF werden damit fortfahren, auch in den kommenden Jahren mit Tieren aus anderen Beständen diese Büffelherde weiter zu vergrößern. Alte Stacheldraht-Zäune werden durch moderne Büffel-Zäune ersetzt, die die Wanderungen anderer Wildtiere nicht behindern.

Im Herbst 2019 leben 849 Bison in drei Herden auf dem Wildreservat.

2020: Nach 31 Landtransaktionen hat das Reserve inzwischen eine Größe von ca. 420.000 Morgen Land erreicht. Außer den Büffeln leben aber noch zahlreiche andere Wildtiere im Reserve: 

Der Wildtierbestand im American Prairie Reserve

Präriehunde sind eine «Schlüsselart» für ein gesundes Prärie-Ökosystem. Im Reservat gibt es mittlerweile sechs Präriehund-Kolonien. 

In verlassenen Bauen von Präriehunden brüten mehr als 10 Paare von Kaninchenkäuzen.

Der kleine Swiftfuchs (Prärie-Flinkfuchs), der in Nordamerika trockenere Gegenden bewohnt, galt in Montana 1969 als ausgerottet. Inzwischen gibt es wieder eine kleine Population in diesem Bundesstaat. Auch das APR versucht alles, um diese Tierart in seinem Reserve wieder anzusiedeln. 

Der Bestand an Pumas in den nördlichen Großen Ebenen war im frühen 20. Jh. vollständig ausgerottet. Heute haben Berglöwen die Region um das APR wiederbesiedelt. Große Fleischfresser sind wichtig für ein stabiles Prärie-Ökosystem. Pumas ernähren sich von Hirschen und Elchen und sorgen dafür, dass diese Tierarten auf ein für das Ökosystem zuträgliches Maß begrenzt werden. 

Pumas leben in Montana heute außerhalb der Rocky Mountains wieder in und um die Rocky Boys Indian Reservation, auf der Ft. Belknap Indian Reservation, in den Bear Paw Mts., in den Little Rocky Mts., im Upper Missouri River Breaks National Monument und im Charles M. Russell National Wildlife Refuge. Es ist zu erwarten, dass sich in den nächsten Jahren Pumas auch im APR selbst wieder ansiedeln. 

Pronghorns (Gabelböcke) sind eine der wenigen übrig gebliebenen großen, endemischen Tierarten der Great Plains. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 km in der Stunde gehören sie auch zu den schnellsten Säugetieren Nordamerikas. Sie unternehmen lange Wanderungen von bis zu 500 km und benötigen deshalb weite Gebiete mit intakter Prärie. Die jährliche Wanderung der Gabelböcke von Montana nach Alberta und Saskatchewan und durch das American Prairie Reserve ist die längste Wanderung eines Landtieres in den US-Bundesstaaten südlich von Kanada. 

Die Anzahl der Pronghorns ist in den letzten Jahren zurückgegangen als Folge harter Winter, von Krankheiten und der Fragmentierung ihres Lebensraumes. Die Arbeit des APR, zusammenhängende Habitate zu schaffen und Zäune zu entfernen, die eine Barriere für die Wanderungen dieser Tiere bilden, wird hoffentlich dabei helfen, den Bestand an Pronghorns wieder zu vergrößern. 

Zug- und Grünlandvögel: Das Reserve ist die Heimat einer ungewöhnlichen Vielfalt an Grünlandvögel und Rastplatz vieler Zugvögel auf ihren alljährlichen Wanderungen. Der WWF registrierte im Jahr 2013 159 verschiedene Vogelarten im APR – darunter Wasservögel wie Enten, Gänse, Haubentaucher, Pelikane, Kormorane, Reiher, Rallen, Kraniche, Wattvögel, Möwen und Seeschwalben. Dazu Hochland-Wildvögel wie Raufußhühner, Fasane und Rebhühner und 87 Singvögelarten. 

Die Beziehung zu Indianerreservaten in der Nachbarschaft des APR

Intensive Beziehungen zu Kommunen in den Indianerreservaten Fort Belknap Reservation, Fort Peck Reservation und Rocky Boys Indian Reservation sind für das APR wichtig in seinem Ziel, eine barrierefreie Landschaft für Menschen und Wildtiere zu schaffen, wie sie von den Indianern jahrtausendelang erlebt werden konnte. 

Die Rückkehr und das Management der Büffel in dieser Region ist ein Bereich, in dem das APR und die Indianerstämme in der Nachbarschaft viele gemeinsame Interessen haben (im Ft. Peck-Reservat leben heute 200 Bison auf der Turtle Mound Buffalo Ranch, im Ft. Belknap-Reservat grasen 500 Büffel und zahlreiche Pronghorns auf 22.000 Morgen Land der Snake Butte Buffalo Pasture und auch die 122.000 Morgen kleine Rocky Boys Indian Reservation besitzt eine stammeseigene Büffelherde. 

Sioux-Stämme wehren sich selbst gegen die COVID-19-Pandemie und die Regierung von Süd-Dakota

2. Okt. 2020

Der Cheyenne River Sioux Tribe und der Oglala Sioux Tribe haben COVID-19-Checkpoints eingerichtet.

Als sich im Frühjahr COVID-19 über das ganze Land verbreitete, schlossen die Indianerstämme die Grenzen ihrer Reservate für Besucher. Die Cheyenne River Sioux und die Oglala Sioux errichteten Checkpoints an Straßen. die in ihre Reservate führten, um die Bewohner der Reservate zu schützen. Auch als der Staat Süd-Dakota sich noch weigerte, Masken und «Social Distance» zu fordern. 

Anfang Mai forderte die Gouverneurin von Süd-Dakota, Kristi Noem (Rep. Partei), die Stämme auf, die Checkpoints wieder zu entfernen oder die Konsequenzen zu tragen.

Der Vorsitzende des Cheyenne River Sioux Tribe, Harold Frazier, lehnte das jedoch mit dem Hinweis ab, «es würde unsere Fähigkeit, die Bewohner der Reservate zu schützen, untergraben.»

Doch Noem bestand weiter darauf, missachtete epidemiologische Studien und vermied Lockdowns zum Vorteil der Wirtschaft. 

Die Stämme sagen, dass Noem gegen die Sicherheit der Menschen in den Reservaten handle, indem sie die COVID-19-Checkpoints verbieten wolle. 

«Cultural Survival», eine führende Organisation für die Rechte der Ureinwohner, erläutert, dass dieses Verhalten nicht ungewöhnlich für Regierungen sei, die sich gegen die Menschenrechte der Ureinwohner stellen. Die Regierungen der Bundesstaaten wollen einfach nicht akzeptieren, dass Indianerstämme autonom sind. 

Aber die Indianerkommunen können selbst entscheiden, was sie mit ihrem Land machen und welche Aktionen sie unternehmen.

Die Cree heute

Die Cree sind eine der größten Indianernationen Nordamerikas – und die größte in Kanada. Hier sind über 390.000 Personen (2016) Angehörige der Cree First Nations, oder haben zumindest Vorfahren aus der Nation der Cree. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst fast ganz Kanada von den Rocky Mountains bis zum Atlantik.

Als Jäger und Sammler bildete die unterste Organisationseinheit der Cree ursprünglich die sog. Lodge (Hütte), eine Gruppe von vielleicht 8-12 Personen, gewöhnlich die Familien zweier miteinander verwandter Ehepaare, die zusammen im gleichen Wigwam oder Tipi lebten, und die Band, eine Gruppe von Lodges, die zusammen umherzogen und jagten. Jede Band wahrte ihre Unabhängigkeit von den anderen. Zog eine Band in den Krieg, ernannte sie einen Kriegshäuptling auf Zeit.

In neuerer Zeit (z. B. 1994) gab es verschiedene Versuche, eine nationale politische Organisation zu schaffen, die alle Cree repräsentierte. Bis dato jedoch ohne Erfolg.

Bei der Cree-Sprache (auch Cree-Montagnais-Naskapi) handelt es sich um eine Gruppe eng verwandter Algonkin-Sprachen, die von ca. 117.000 Menschen in Kanada gesprochen wird. Es ist die am weitesten verbreitete Eingeborenensprache in Kanada.

1682 trafen Männer der Hudson‘s Bay Company (HBC) im Mündungsgebiet von Nelson und Hayes River in die Hudson‘s Bay im Norden des heutigen Manitoba erstmals auf Cree-Indianer. Nachdem sie in den Besitz von Feuerwaffen von der HBC gelangt waren, zogen viele Cree als Händler westwärts in die Prärie, wo sie als Zwischenhändler zwischen der HBC und anderen Indianerstämmen fungierten und zu echten Prärieindianern wurden. Viele andere Gruppen blieben jedoch als Jäger und Trapper im Waldland, wo zahlreiche ihrer Nachkommen bis heute leben.

Seit den 1960er gab es aber auch einen generellen Trend bei Einzelpersonen und ganzen Familien der „First Nations“, in städtische Zentren zu ziehen, auf der Suche nach Ausbildung und besseren beruflichen Möglichkeiten. Heute leben 47 % der indianischen Bevölkerung in Kanada in Städten.

Hoffnung für die Zukunft macht die Schaffung von „Urban Reserves“ (städtischen Indianerreservaten). „Urban Reserves“ bieten den „First Nations“ die Chance, am Wirtschaftsleben und an besseren Beschäftigungsmöglichkeiten teilzuhaben und trotzdem die eigenen kulturellen Traditionen weiter zu pflegen.

Viktor Stern

Die Cree heute

329 Seiten, € 2,99 Kindle Edition

Ein neues Abkommen zwischen der Schwarzfuß-Konföderation und der Regierung von Alberta

25. März 2017

Die Provinzregierung von Alberta und die Schwarzfuß-Konföderation haben eine neue Vereinbarung über ihre gegenseitigen Beziehungen unterzeichnet, die beide Parteien dazu bringen soll, eng bei wichtigen Vorhaben zusammenzuarbeiten.

Die Konföderation der Schwarzfüße umfasst im südlichen Alberta die drei First Nations Blood Tribe (oder Kainai First Nation), Piikani Nation und Siksika Nation mit zusammen etwa 25.000 Stammesmitgliedern.

Das „Alberta–Schwarzfuß-Konföderationsabkommen“ war der Startschuss zu einem formalen Prozess, in dem die Provinzregierung und die Konföderation auf verschiedenen Gebieten zusammenarbeiten wie ökonomische Entwicklung, Kultur und Sprache, Soziales, politische und rechtliche Fragen, Umweltschutz und Landbesitz, freundschaftliche Beziehungen zwischen den Ureinwohnern und der weißen Mehrheitsgesellschaft sowie die Umsetzung der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker. 

Es war ein historischer Moment in den Beziehungen zwischen der Regierung von Alberta und den Stämmen der Konföderation, als sie das neue Abkommen unterzeichneten. Es öffnete einen Weg für die Zusammenarbeit in wichtigen Angelegenheiten, die sowohl die Stämme der Konföderation als auch die Regierung von Alberta betreffen.